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Die Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer hat in ihrer Sitzung vom 05.05.2014 eine Ergänzung des §3 Abs. 1 BORA beschlossen mit folgendem Wortlaut:

Der Rechtsanwalt darf in einem laufenden Mandat auch keine Vermögenswerte von dem Mandanten und/oder dem Anspruchsgegner zum Zweck der treuhänderischen Verwaltung oder Verwahrung für beide Parteien entgegennehmen.

Die Beschlüsse der Satzungsversammlung sind vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz nicht beanstandet worden, so dass diese Änderung in Kraft tritt. Damit hat die Satzungsversammlung eine für die Anwaltschaft äußerst hilfreiche Klarstellung der Vorschrift des § 3 BORA verabschiedet, die verdeutlicht, welche Handlungen des Rechtsanwalts dem Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen auch bisher schon unterfallen aber in der Öffentlichkeit wohl kaum wahrgenommen worden sind.

 

Im laufenden Mandat ist es dem Rechtsanwalt untersagt, von seinem Mandanten und dem Gegner oder vom Gegner Vermögenswerte entgegenzunehmen mit dem Zweck einer treuhänderischen Verwaltung oder Verwahrung für beide Parteien. Erlaubt bleibt und ist ganz klar die Verwaltung oder Verwahrung von Vermögensgegenständen, die dem Rechtsanwalt vom eigenen Mandanten in Ausführung des Mandates übergeben worden sind oder solche, die kein Rechtsverhältnis zum Gegner begründen.

Hintergrund dieser klarstellenden Regelung der BORA ist der Umstand, dass dem Rechtsanwalt verboten ist, widerstreitende Interessen wahrzunehmen. Dieser Grundsatz ist an sich völlig eindeutig und klar, in der Praxis wird jedoch häufig die Erfahrung gemacht, dass bei der Abwicklung von Zahlungen oder sonstigen Vermögenswerten der Rechtsanwalt sich vielfach in eine Lage begibt, in der er aufgrund einer Vereinbarung über die Verwendung, Auszahlung oder Rückzahlung verwahrter Vermögenswerte auch in vertragliche Beziehungen zum Gegner tritt, was ihm verboten ist. Der entgegennehmende Anwalt begibt sich damit hinsichtlich der Verwendung des Treuguts in die Abhängigkeit der gegnerischen Partei und verstößt damit gegen seine Verpflichtung, ausschließlich die Interessen seiner Partei zu vertreten und zu verfolgen, insbesondere dann, wenn der Mandant die Herausgabe des Treugutes von seinem Anwalt verlangt.In der Praxis wird häufig gegen dieses Verbot verstoßen mit der Entgegennahme von Geldern durch einen Anwalt im Zuge der Abwicklung von Vertragsangelegenheiten, in Erbsachen oder im Rahmen von Bauprozessen, wenn dem Anwalt Beträge „zu treuen Händen“ vom Gegner eingezahlt werden mit der Maßgabe, diese erst dann an den Mandanten auszuzahlen, wenn bestimmte Voraussetzungen eintreten (Abnahme, Räumung, sonstige Bedingungen). Akzeptiert der Rechtsanwalt solche Treuhandaufträge, handelt er berufsrechtswidrig, denn im Verhältnis zum Mandanten ist er aus dem Anwaltsbesorgungsvertrag verpflichtet, das „Erlangte herauszugeben“. Selbst wenn Mandant und Gegner zunächst in Eintracht (!) eine Anweisung erteilen, dass der Anwalt diese Vermögenswerte verwahren soll, ändert dies nichts am Verstoß gegen das normierte Verbot, weil bereits die Eingehung der vertraglichen Verpflichtung durch den Anwalt den Verstoß begründet und nicht ausgeschlossen ist, dass der Mandant (berechtigt oder nicht) sich von der ursprünglichen Vereinbarung mit dem Gegner löst und den Anwalt anweist, die erlangten Vermögenswerte an ihn auszukehren.

Der Rechtsanwalt wird daher im laufenden Mandat gut daran tun, solche beidseitigen Verwaltungen abzulehnen und den Auftraggeber in diesem Falle darauf hinzuweisen, einen separaten Treuhänder zu beauftragen. Eine solche Tätigkeit erledigen Banken, Notare wie auch Rechtsanwälte, solange diese nicht mit dem laufenden Mandat für eine der beiden Seiten beauftragt sind, d.h. die Beauftragung eines Rechtsanwaltes als Treuhänder ohne gleichzeitigen Rechtsanwaltsauftrag für eine Seite ist und bleibt zulässig.

Die Regelung des §3 BORA entspricht auch der Rechtsprechung, der BGH hatte (anlässlich der Verwendung von Kautionszahlungen in Strafsachen) bereits mehrfach ausgeführt:

Der Rechtsanwalt, der auf einem Anderkonto Geld erhält, welches von einem Dritten in Erfüllung einer mit dem Mandanten getroffenen Vereinbarung geleistet wird, handelt in der Regel allein als Vertreter seines Auftraggebers. Dies folgt im Ansatz schon aus dem Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen (§ 43a Abs. 4, § 59b Abs. 2 Nr. 1 Buchst. e BRAO), weil die Interessen des Dritten in der Regel nicht mit denjenigen der vom Rechtsanwalt vertretenen Partei identisch sind, vielmehr insoweit Gegensätze und Konfliktlagen auftreten können. Dies trifft auch bei der Bereitstellung eines Geldbetrages zum Zweck der Kaution zu. Einen klarstellenden Hinweis darauf, daß ein Vertragsverhältnis nur zum Mandanten besteht, kann der Geldgeber daher vom Rechtsanwalt in solchen Fällen grundsätzlich nicht erwarten." ( BGH vom 22.07.2004, IX ZR 132/03)

Diesen Grundsatz wiederholt der BGH in späteren Entscheidungen nahezu gebetsmühlenartig (Entscheidungen vom 12.10.2006, IX ZR 108/03, 24.05.2012, IX ZR 212/11).

Zu beachten ist auch, dass das LG Freiburg (Urteil vom 09.06.2009, 6 O 86/07) im Falle einer beidseitigen Treuhand dem Rechtsanwalt den Vergütungsanspruch versagt hat. In dieser Entscheidung vertrat der Rechtsanwalt den Kläger in mehreren familienrechtlichen Auseinandersetzungen gegen dessen Ehefrau, Schwiegereltern etc, allerdings auch im Rahmen der Veräußerung von - den Eheleuten gemeinsam gehörendem - Grundeigentum, wobei der Rechtsanwalt von beiden Eheleuten als Treuhänder wegen der Auskehrung des Verkaufserlöses beauftragt worden war. Nach Mandatsniederlegung rechnete der Rechtsanwalt u.a. auch seine Tätigkeit im Rahmen des Treuhandauftrages ab. Das Gericht versagte insoweit den Honoraranspruch wegen Nichtigkeit der Treuhandabrede:

"2. a) Wegen des vom Kläger sowie zugleich von dessen damaliger Ehefrau am 30. Dezember 2002 gegenüber dem Beklagten Ziffer 1 erteilten Auftrags als Treuhänder wegen der Auskehrung des Kaufpreises aus dem Grundstückskaufvertrag (s. a. notarieller Kaufvertrag vom 30.12.2002, Anlage K 1) teilt das Gericht indes die rechtlichen Bedenken der Klägerseite dahingehend, dass der Beklagte Ziffer 1 durch die Annahme beider Aufträge das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen im Sinne von § 43 a Abs. 4 BRAO verletzt hat (s. a. die von Klägerseite zitierte Rechtsprechung des AnwG Hamburg, Beschluss vom 10.6.2008, Az. II AnwG 21/07; Anlage K 15 a sowie z. B. Kleine-Cosack, BRAO, 5. Auflage 2008 § 43 a Rz, 111).

Aufgrund der unstreitig bereits zuvor im Oktober 2001 erfolgten Beauftragungen der Beklagten durch den Kläger hinsichtlich des Ehescheidungsverfahrens sowie, weiterer Verfahren gegen seine damalige Ehefrau bestand ein erheblicher, für den Beklagten Ziffer 1 unschwer erkennbarer Interessenkonflikt hinsichtlich der Wahrnehmung des Treuhandauftrages für den Kläger und zugleich auch für die damalige Ehefrau des Klägers. Es war leicht absehbar, dass es hinsichtlich der Auszahlung des hinterlegten Kaufpreiserlöses – wie sodann eingetreten – zu Streitigkeiten zwischen dem Kläger und seiner damaligen Ehefrau kommen wird.

Die Einwilligung des Klägers und seiner damaligen Ehefrau hinsichtlich des Treuhandauftrages hebt weiter die Interessenkollision nicht auf (s. a. AnwG Hamburg aaO sowie Kleine-Cosack, BRAO, aaO, § 43 a Rz. 113).

Aufgrund des schuldhaften, nämlich zumindest fahrlässigen Verstoßes des Beklagten Ziffer 1 gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen ist gemäß § 134 BGB von einer Nichtigkeit des Treuhandvertrages mit dem Kläger auszugehen (s. a. Kleine-Cosack, BRAO, aaO., § 43 a Rz. 131 m. w. N.) mit der Folge, dass kein Anspruch auf die Honorare besteht, wobei bei Nichtigkeit der Anwaltsverträge wegen Verstoß gegen § 43 a Abs. 4 BRAO auch kein Aufwendungsersatz gem. § 812 BGB geltend gemacht werden kann (s. a. Kleine-Cosack, BRAO, aaO, § 43 a Rz. 131 m. w. N.)."

Auch das Anwaltsgericht Hamburg hat bereits im Jahre 2008 einen Berufsverstoß wegen der doppelseitigen Treuhand bestätigt. Dort war im Zuge einer erbrechtlichen Auseinandersetzung und zur Sicherung eines Räumungsanspruchs Geld einer Partei auf das Anderkonto des Rechtsanwalts eingezahlt und der Rechtsanwalt von beiden Seiten angewiesen worden, in bestimmter Weise mit dem verwahrten Betrag zu verfahren. Dies war und ist berufsrechtswidriges Verhalten, welches auch nicht durch die Zustimmung oder Einwilligung des Mandanten oder beider Parteien beseitigt werden kann.

Mit der jetzt von der Satzungsversammlung eingeführten klarstellen Regelung zu §3 BORA dürfte nunmehr für die Anwaltschaft deutlich geworden sein, welches konkrete Verhalten im Zusammenhang mit der Abwicklung von Vermögenswerten insbesondere einen Verstoß gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen darstellt.

Rechtsanwalt Matthias Natho ist Mitglied der Satzungsversammlung und dort im Ausschuss 3 tätig, der die genannte Regelung vorbereitet hat. 

 

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