Der Bundesgerichtshof hat am 22.12.2011 den Revisionen von Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts stattgegeben, weil die Verurteilungen auch darauf beruhten, dass die Polizei das Fahrzeug eines Angeklagten abgehört hatte. Einer der Angeklagten saß allein im Fahrzeug und führte ein Selbstgespräch, in dem er Angaben tätigte, die auf ein Geständnis eines Tötungsverbrechens hingedeutet haben.
Der Bundesgerichtshof führt insoweit aus, dass die Selbstgespräche nicht zur Überführung des Angeklagten hätten verwendet werden dürfen; das Beweisverwertungsverbot ergebe sich unmittelbar aus der Verfassung selbst. Denn die heimliche Aufzeichnung und Verwertung dieses Selbstgesprächs verletzte den abslouten Kernbereich des Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Der Grundsatz, dass "die Gedanken frei sind" und damit dem staatlichen Zugriff entzogen sind, erfasse nicht nur innere Denkprozesse, sondern auch ein in Selbstgesprächen formuliertes Aussprechen von Gedanken, bei welchem sich die Person allein mit sich selbst fühlt.
Wichtige Kriterien für die Entscheidung, ob Äußerungen in Selbstgesprächen diesem innersten, unantastbaren Bereich der Persönlichkeit zuzuordnen sind, sind namentlich
- die Eindimensionalität der Selbstkommunikation, also die Äußerung ohne kommunikativen Bezug;
- die Nichtöffentlichkeit der Äußerungssituation und das Maß des berechtigten Vertrauens der Person darauf, an dem jeweiligen Ort vor staatlicher Überwachung geschützt zu sein;
- die mögliche Unbewusstheit der verbalen Äußerung;
- die Identität der Äußerung mit den inneren Gedanken ,
- die Äußerungsform als bruchstückhafter, auslegungsfähiger oder –bedürftiger Ausschnitt eines "Gedankenflusses". (Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 206/2011 vom 22.12.2011)
Der Bundesgerichtshof leitet aufgrund dieser Umstände ein absolutes Beweisverwertungsverbot für solche gewonnenen Erkenntnisse ab mit der Folge, dass das erstinstanzliche Urteil aufgehoben worden ist und die Sache erneut verhandelt werden muss. Dabei ist ausdrücklich auch ausgeführt worden, dass im Rahmen der Abwägung der widerstreitenden Interessen und Rechte das Verbot der Verwertung solcher Beweise auch bei schweren Straftaten gilt.
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Quellen: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 206/2011 vom 22.12.2011
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.12.2011, 2 StR 509/10